Am Mittwoch, den 14.06.2023 habe ich die Konferenz Hinterland of Things in Bielefeld besucht. Die Konferenz wird von der Founders Foundation organisiert und fand dieses Jahr zum fünften Mal statt.
Die Konferenz versammelt und begeistert Menschen mit unterschiedlichsten Interessen rund um Startups: Startups selbst, Investoren, etablierte Unternehmen als interessierte Partner, Medien und viele andere. Der Fokus ist dabei insbesondere auf B2B-Startups. Es war eine großartige Veranstaltung mit unterschiedlichsten Facetten und ich möchte unter anderem kurz berichten, wie erfreulich prominent das Thema Nachhaltigkeit vertreten war.
Startups im B2B mit Fokus auf Nachhaltigkeit
Der Anteil an B2B-Startups, deren Nutzenversprechen direkt mit einem Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit gekoppelt ist, war beachtlich. Und vor allem gab es eine extreme Bandbreite an Problematiken, für die diese Startups zielgerichtet Lösungen anbieten. Die folgenden Startups lassen das breite Spektrum gut erahnen:
Aedifion bietet eine Cloud-Plattform für einen bedeutend effizienteren Gebäudebetrieb an. So kann der Energieverbrauch für Gebäude im Betrieb deutlich reduziert werden. Dadurch ergeben sich direkt CO2-Einsparungen und auch finanzielle Einsparungen.
GoodCarbon bietet eine Investitions- und Handelsplattform, über die Unternehmen in hochwertige Nachhaltigkeitsprojekte investieren können. So können die Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsziele erreichen und die Projekte bekommen das nötige Geld für die Projektdurchführung.
GreenAccount bietet eine Plattform, über die Unternehmen einfach in lokale Naturräume investieren können und so transparent und messbar Ausgleichsflächen z.B. für Bauvorhaben schaffen können.
Holy entwickelt neue Produktionsverfahren, um die Massenproduktion von recyclebaren Carbon-Faser-Komponenten zu ermöglichen. Durch neue Simulations- und Produktionsverfahren werden neue Produktformen möglich, das Recycling wird günstiger und sogar die Herstellungskosten sinken.
PlanerAI bietet eine KI-basierte Planungslösung für frische Lebensmittel. Das Hauptziel ist es, die Lebensmittelverschwendung drastisch zu reduzieren, indem entlang der Produktions- und Lieferkette vom Produzenten bis ins Supermarktregal bessere Absatzprognosen getroffen werden und somit nur so viele Lebensmitte produziert und transportiert werden, wie auch gebraucht werden.
tanso bietet eine Softwarelösung für CO2-Bilanzierung und Management für Unternehmen. Somit können produzierende Unternehmen ihren CO2-Fußabdruck besser und automatisiert erheben, berechnen, verstehen und reduzieren. Durch die geschaffene Transparenz können anschließend direkt auch Gegenmaßnahmen koordiniert werden. So können Unternehmen einerseits ihrer Verantwortung und zukünftig auch ihrer Verpflichtung zur Dekarbonisierung nachkommen.
Rebuy – B2C mit Fokus auf Nachhaltigkeit
Neben den zahlreichen B2B-Unternehmen war auch ein sehr prominentes B2C-Unternehmen auf der Bühne:
Rebuy bietet eine Plattform an, über die Privatpersonen gebrauchte Elektronik verkaufen und kaufen können. Rebuy kümmert sich um die gesamte Abwicklung und macht diese maximal einfach und sicher für alle Beteiligten. So werden Elektronikgeräte unterschiedlicher Qualitätslevel bedeutend länger verwendet und es kann auf die ressourcen-intensive Neuproduktion verzichtet werden. So kommt die Circular Economy aus einem Nischendasein heraus und wird massentauglich. Und damit erreicht sie einen großen Impact für Nachhaltigkeit!
Nachhaltigkeit und Profitabilität – ein Widerspruch?
Oft wird das Bemühen um mehr Nachhaltigkeit immer noch belächelt, in eine Nische gestellt oder rein mit non-Profit-Absichten assoziiert. Die Hinterland of Things Konferenz hat auch hier die richtigen Akzente gesetzt: In zahlreichen Startup-Vorstellungen und auch Panels wurde immer wieder betont, dass Nachhaltigkeit und Profitabilität kein Widerspruch sind!
Vielmehr sind Geschäftsmodelle besonders dann erfolgreich und wirksam für Nachhaltigkeit, wenn sie Nachhaltigkeit und Profitabilität kombinieren können. Das ist dann die Grundlage, um ein Unternehmen wachsen zu lassen und somit den positiven Impact auf Nachhaltigkeit immer weiter zu vergrößern. Die steigenden Erträge können in weiteres Wachstum oder in andere positive Aktivitäten für mehr Nachhaltigkeit investiert werden. Voraussetzung ist natürlich immer, dass dem Unternehmen und potentiellen Investoren Nachhaltigkeit wichtig ist und dies Einfluss auf Unternehmensentscheidungen hat.
Besonders spannend waren in dieser Hinsicht auch die Talks und Panels mit Investoren, z.B. mit Tim Schumacher (World Fund), Martin Schilling (Techstars Berlin), Rouven Dresselhaus (Cavalry Ventures), Jörg Binnenbrücker (Capnamic Ventures) und Lauren Lentz (Revent). Auch sie betonten, dass Impact auf Nachhaltigkeit auch für Investoren immer wichtiger wird. Für VC-Investitionen eignen sich natürlich besonders diejenigen Startups, die dies mit einer hohen Wachstumserwartung verbinden können.
KI als Lösung für alles? Nachhaltigkeit nur durch KI?
Ein Aspekt ist mir über den Konferenztag immer wieder aufgefallen: viele Startups (unabhängig von der fachlichen Zielsetzung) betonen in extremer Art, dass ihre Lösungen auf KI basieren. Nicht selten überstrahlt das Herausstellen von KI den eigentlichen Zweck und den Nutzen der Lösungen. Das kann es doch aber nicht sein!
Natürlich ist KI in ihren unterschiedlichsten Formen von Computer Vision über Vorhersagen bis hin zur Task-Automatisierung eine feine Sache! KI ist aber vor allem eine Art, etwas technisch umzusetzen. Und diese wird vielfach von den angesprochenen Zielgruppen nicht im Ansatz verstanden, stattdessen wird eine Aura der Magie aufbaut und hipp ist nur, wer entweder etwas mit KI baut oder einsetzt. An dieser Stelle haben sich aus meiner Sicht die Parteien in ungünstiger Art hochgeschaukelt, und das betrifft Lösungsanbieter, Kunden, Investoren und Fördergeber gleichermaßen. Eine Rückbesinnung auf solide Nutzenbetrachtungen würde viel Klarheit zurückbringen und Missverständnisse und enttäuschte Erwartungen vermeiden.
Was nehmen wir für Full Flamingo mit?
Obwohl der Fokus der Hinterland of Things stärker auf B2B liegt, kann man auch mit einem B2B2C-Ansatz wie bei Full Flamingo viel mitnehmen. In vielen spannenden Diskussionen konnte ich unser Startup Full Flamingo pitchen und Denkanstöße aufgreifen. In den Diskussionen mit GreenAccount konnten wir z.B. gemeinsam die Vorteile bei der Fokussierung auf regionale Projekte herausarbeiten. Die Keynote von Philipp Gattner (rebuy) hat sehr schön den Ansatz herausgestellt, es mit starkem Fokus für alle beteiligten Stakeholdergruppen so einfach wie möglich zu machen und daran immer zu arbeiten – genau auch unser Ansatz bei Full Flamingo. So gab es so manche Bestätigung unserer Philosophie und manchen neuen Denkanstoß.
Der offizielle Teil ging mit einer mitreißenden Keynote mit abschließendem Kurzkonzert von Eko Fresh zu Ende. Er ließ uns Zuhörer eindrücklich an seinem persönlichen Werdegang teilhaben und schilderte, wie er sich immer weiter entwickelte, vor allem auch in widrigen Umständen.
Die Hinterland of Things war ein voller Erfolg, vor allem ist es auch super gelungen, Startups, die sich für mehr Nachhaltigkeit einsetzen, die entsprechende Sichtbarkeit zu geben. Ich freue mich schon auf die Hinterland of Things 2024!
Matthias
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